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Huhu Guru

Als Kind war meine Suche nach Gott so natürlich, wie ein Baby nach der Mutterbrust sucht. Bei dem Versuch diesen Gott zu finden, habe ich den Glauben an ihn verloren. Erst habe ich den Glauben an den Weihnachtsmann verloren. Dem habe ich das aber nicht lange übel genommen. Als ich aber den Glauben an Gott verlor, nahm ich ihm das sehr übel. Viele, lange Jahre konnte ich das Wort „Gott“ nicht ohne Abscheu aussprechen. Dann entdeckte ich Laotse und das Dao. Wieder konnte ich, wie das Baby an die Mutterbrust, nur diesmal als Erwachsener. Das Gute daran, dass es verschiedene Religionen gibt ist, dass dadurch immer mal wieder die Möglichkeit besteht, denselben Weg ganz neu zu finden. Das Dao war unhinterfragbar, das Einssein mit dem Dao sowohl selbstverständlich, wie eine Lebenssinn-stiftende Ausrichtung. Außerdem schien das Einswerden mit dem Dao, so unhandlich es auch sein mochte, doch irgendwie einfacher als das Einswerden mit einer Frau.

Das Einswerden ist in mir angelegt. Wo sollte ich sonst hin. Ich habe den Eindruck für viele andere Menschen ist das fremd und erschreckend. Ich erinnere mich an die ersten Male, bei denen ich dieses Gefühl bewusst erlebt habe. Es war wunder- wunderbar, ging schnell vorüber und danach wusste ich nicht, ob ich es wirklich erlebt, oder mir nur eingebildet hatte. Wenn ich kleinen Kindern zusehe, zum Beispiel auf der Toilette, dann habe ich den Eindruck, sie sind die ganze Zeit im Dao, nur, dass sie darum nicht wissen, wie der Fisch nicht um das Wasser weiß. Also ist der Weg: Fisch aus dem Wasser, nach Luft schnappen, ersticken und sterben, oder irgendwie den Weg zurück finden und dann… Dann weiß der Fisch um das Wasser und ich stelle mir vor, er ist glücklich darin schwimmen zu können.

Dieser Weg, zwischen ersticken, unglaublicher Arbeit um zurück ins Wasser zu finden, Jahrzehnte langen Irrwegen, oder auch spannenden Erlebnispfaden zurück zum Aller-Selbstverständlichsten, das ist mein Leben. Ist dieser Weg endlich? Ist das Wasser erreichbar? Eine mögliche Antwort heißt: Erleuchtung!


Der erste Erleuchtete, der mir begegnete, war Telemo. Das war die Zeit, in der ich täglich Laotse las, immer wieder und wieder und mein Taiji und seine Worte, in vielen verschiedenen Übersetzungen, ein eigenwilliges Geflecht ergaben, das, je weniger ich es selbst verstand, mir umso sinnvoller erschien. Wir verbrachten den Sommer auf einer mittelalterlichen Wehrfinka von Freunden, in den Bergen von Mallorca. Ich war den Ziegenpfad ins Dorf hinuntergelaufen und saß dort in der einzigen Bar. Sie machten guten Espresso. Die Bedienung war pampig. Als eine Strafe für etwas, das keiner der Gäste getan hatte, musste man immer wieder die Füße heben, damit die selbe maulige Frau, die den Espresso machte, unter den Tischen und Stühlen den sauberen Fußboden wischen konnte. Der Duft von Espresso, spanischem Putzmittel und stehender Zeit, gab eine poetische Wolke, für deren Existenz man nichts tun musste, als nichts zu tun. Es war angenehm zu heiß. Drüben, an der Brücke, saßen die alten Männer. Ab und zu fuhr ein Auto vorüber, alle Köpfe folgten der Gasse hinauf, um die enge Kurve und über das Brücklein. Man kannte die Fahrer, vermutlich auch die Eltern der Fahrer und deren Eltern. Alles an dem Mann, der sich an den Tisch nebenan setzte, fiel mir auf. Seine strahlende Gestalt, das forsche, exotische an ihm, seine flache Strickmütze, das tragische und das romantische seiner Aura und schlicht seine männliche Schönheit. Ich schrieb Tagebuch und wollte nicht weiter auf ihn achten.

„Tach, wie heißt Du, “ sprach er mich auf Deutsch an. Sah ich so deutsch aus? Ich war angenehm überrumpelt von seiner Direktheit und sagte meinen Namen. „Ah, antwortete er, wie der Prophet, ich bin Laotse.“ Ich hatte gleich gespürt, dass dieser Mann eine Herausforderung war. Ich hatte mich darauf gefreut und mich innerlich schon mal schön elastisch gemacht. Aber, es hatte noch kaum begonnen und da war ich schon umgefallen. Irgendetwas in mir war verletzt. Ich holte meine Lieblings-Übersetzung aus der Tasche und korrigierte: „Du meinst, Du NENNST Dich Laotse?“ „Nein,“ sagte er beiläufig, genoss einen kleinen Schluck und ließ seine Lippen länger als notwendig an der dickwandigen Tasse: „Ich BIN Laotse. Jetzt denkst Du, ich bin verrückt. Kleine, kleine Geister, gefangen in ihren gemütlichen, langweiligen Gehirnen.“ Pause. Ich spürte Unwillen und fühlte mich zugleich ertappt. Ja, ich war so eng in meinem Gehirn, dass ich es einfach nicht für möglich hielt, das mein Laotse, der vor zwei ein halb Jahrtausenden so schöne Sachen für mich geschrieben hatte, jetzt mit mir Espresso trank. „Ich bin erleuchtet!“ Pause. Ich schaffte es einfach nicht, mich wieder zu sortieren. „Stimmt’s, das kannst Du Dir nicht vorstellen.“ Er strahlte eine zufriedene Atmosphäre von wohlwollender Überlegenheit aus. Ich bin gewohnt selbst der Weise zu sein: „Vorstellen schon, aber glauben tue ich es nicht.“ Sagte ich wahrheitsgemäß und mit dem befriedigenden Gefühl, einen Teil meiner Selbstbehauptung wieder gefunden zu haben. „Falsch! Du kannst Dir das nicht vorstellen. Kannst Du nicht, sonst wärest Du ja selbst erleuchtet. Nur wer erleuchtet ist, kann das verstehen… na? traurig? ärgerlich? Nein, das ist ganz normal. Aber Du hast Glück. Ich bin Laotse. Frag mich, frag mich was Du willst.“ Er zwinkerte mir zu. „Ich brauche keinen lebenden Laotse, ich bin noch auf dem Leselevel“ gab ich zurück und merkte gleich wie blöd das war. Ich wollte weg und zugleich wollte ich mehr. Wir saßen da noch 4 Stunden. Mein erster Erleuchteter war vor kurzem erst zu Laotse geworden. Davor war er Telemo gewesen. Wir nannten ihn xtremo Telemo.

Er hatte ein großes Osho Zentrum bei Frankfurt geleitet, hatte das, nach des Meisters geschäftsschädigendem Ableben, zu Geld gemacht, war mit einer sehr jungen, schwangeren Anhängerin auf die Insel gekommen und hatte sich eine traumhafte alte Finka in dem Dorf Galilea in den Bergen Mallorcas gekauft. – Ja, das Dorf heißt wirklich so. Nichts ist Zufall. – Die junge Frau hatte ihre spirituellste Zeit schon hinter sich und träumte davon einen Strickladen mit ihrer Mama aufzumachen. Extremo Telemo hatte Größeres vor. In den Nächten wanderten wir im Mondlicht oder saßen Tags unter alten Olivenbäumen. Er sprudelte vor Geschichten, voller Phantasie. Erleuchtung war der Dreh und Angelpunkt seiner Erzählungen. Es ging darum, darüber hinweg zu sein…. die Erleuchtung selbst, natürlich vorausgesetzt. Seine Geschichten waren vollkommen Gaga und zugleich wie ein Traum. Die Welt um ihn weichte die Naturgesetze etwas auf, das fühlte sich an wie leichter Schwindel. Manchmal, wenn wir beide schwiegen, lief die Zeit ganz leise rückwärts und wieder vorwärts, als wäre nichts geschehen. Ein englischer Gentleman wollte seine Finka kaufen und bot einen sehr guten Preis dafür. Er war Sinologie Professor, mit Laotse als Spezialgebiet. Laotse selbst bestand auf der Anerkennung seiner Identität. Der Fachmann für Laotse aber regte sich nur auf, anstatt ihn zu erkennen, klein, klein in seinem Geist – und der Kauf platzte. Später ging Laotse das Geld aus. Es gab Streit zwischen dem Erleuchteten und dem alten Giovanni. Telemo verkaufte Fahrkarten für ein Raumschiff, das vor dem Weltuntergang davon fliegen sollte. Eine Arche Noah. Einige der alten Spanierinnen aus dem Dorf hatten tatsächlich schon Tickets gekauft. Giovanni aber wollte wenn, dann nur einen Platz im Raucherabteil. Telemo hielt das für Blasphemie. Telemo hatte Grind am Kopf, deswegen die Mütze.

Seine Frau reiste zurück nach Deutschland. Alles was üblicherweise nach Elend aussieht, ist für einen Erleuchteten nicht so schlimm.
Aber die kleinen, kleinen Gehirne verstehen das nicht.

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